Wenn es in NRW wieder großbrennt

Erst knapp drei Monate waren vergangen, dass für einen Großbrand in einem Krefelder Holzgroßhandel der sog. NRW-Alarm ausgelöst wurde. Nun brannte es wieder, wieder in Krefeld, und wieder wurde NRW-Alarm gegeben. Der Brand diesmal ereignete sich am frühen Dienstag Morgen, kurz nach 7 Uhr des 25.09.2012 in einer Düngelmittelfabrik in Uerdingen, im Osten der Stadt. Dieser sollte der langwierigste Einsatz in der Geschichte der Feuerwehr Krefeld seit Ende des zweiten Weltkriegs werden.

Die Lage: eine alte, holzüberdachte Lagerhalle, in der Dimension 180 x 250 Meter, der Firma Compo an der Ohlendorffstraße im Krefelder Hafengebiet stand im Vollbrand. Wie sich im Verlauf des Einsatzes herausstellte, brannten etwa 33.000 Tonnen Rohstoffe und Fertigprodukte für sogenannte mineralische Mehr-Nährstoffdünger, teils verpackt, teils in loser Schüttung. Aufgrund der schnellen Brandentwicklung drohte anfangs das Feuer auch auf eine benachbarte Produktionshalle, in der sich auch größere Mengen gelagerten Ammoniaks befanden, überzugreifen. Erst durch den massiven Einsatz von Löschmitteln und eine Riegelstellung gegen das vom Feuer bedrohte, weitere Hallengebäude konnte Schlimmeres verhindert werden.


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Dem Brandherd entstieg eine dichte, teils geruchsbelästigende Rauchwolke, die bis weit in den Essener Norden sichtbar war. Sie reichte 300 Meter in den Himmel und erstreckte sich über eine Breite von 2 Kilometern. Eine Gesundheitsgefährdung durch Schadstoffbelastungen des dichten Rauchs konnte für die Bevölkerung nicht ausgeschlossen werden. Messungen ergaben zunächst keine wesentliche Gefährdung. Dennoch wurde die Bevölkerung im direkten Umfeld (Krefeld Gellep-Stratum, Linn und Teile Uerdingens, sowie Duisburg Mündelheim) über Lautsprecherdurchsagen und Sirenenalarm aufgefordert, Fenster und Türen geschlossen zu halten und sich nicht im Freien aufzuhalten. Schulen und Kindergärten stellten den Betrieb ein. Die BAB 57, die B 288, sowie der Rhein zwischen Düsseldorf-Wittlaer und Rheinberg-Orsoy wurden für verschieden längere Zeiträume für den Individualverkehr gesperrt.

Acht Löschzüge aus Krefeld und Duisburg kämpften mit etwa 200 Wehrleuten gegen die Flammen an. Insgesamt waren rund 450 Feuerwehrleute aus der gesamten Region, sowie letztlich insgesamt 1.340 Helfer, inkl. der Hilfsorganisationen, der Polizei und des THWs, im Einsatz. Dadurch, dass permanent sehr viel Wasser bereitgestellt werden musste, waren hierfür die Löschboote aus Krefeld und Duisburg, sowie die HFS-Systeme der Krefelder, Duisburger und Essener Feuerwehr im Einsatz. Die eigentliche Brandbekämpfung erfolgte über drei Gebäudeseiten mittels Wasserwerfer an Drehleitern und über Fahrzeugen, sowie C-Rohrangriffe mit PA-Trupps (was einen hohen Bedarf an Pressluftatmern nötig machte), sowie über den „Turbolöscher“ der WF Chempark aus Dormagen. Der Fernmeldedienst der Feuerwehr Duisburg war alleine 64 Stunden im Einsatz. Die Einsatzbereitschaft II (MEO) war ab 9:32 Uhr morgens ingesamt 13 Stunden im Einsatz, ehe sie von der Bereitschaft IV (DÜS) abgelöst wurde. Am Abend des selben Tages leistete bspw. die Feuerwehr Mülheim noch weitere 6 1/2 Stunden Dienst, in dem sie regelmäßig mit einem Messfahrzeug die Schadstoffkonzentration in der Umgebungsluft überwachte.

Der Einsatz erstreckte über mehrere Tage und wurde erst am darauffolgenden Sonntag (5 Tage nach dem Brand) beendet, da im Nachgang noch etliche Glutnester mit Baggern auseinandergezogen und abgelöscht werden mussten. Die Brandsachverständigen machten schließlich technisches Versagen für den Störfall verantwortlich. Der Sachschaden beläuft sich nach ersten Schätzungen auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Neben dem gewaltigen Sachschaden wurden auch zwei Compo-Angestellte und zwei Feuerwehrleute leicht verletzt.

Der von der Bezirksregierung Düsseldorf gegebene „NRW-Alarm“ betraf die Bereitschaften I-IV. Dieses System des Katastrophenschutz zur Abwehr von Großschadensereignissen funktioniert, kurz beschrieben, so: die fünf Bezirkregierungen (Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln, Münster) halten jeweils die sog. Bereitschaften vor. Der Bezirksregierung Düsseldorf sind in diesem Falle fünf Bereitschaften unterstellt, die sich aus Personal und Gerätschaften der Feuerwehren aus den Städten zusammensetzen. Diese wiederum sind in mehrere Einsatzzüge unterteilt, die so zusammengestellt sind, dass sie autark agieren können. Sprich, sie können ihren Einsatzabschnitt selbständig verwalten und koordinieren, eine eigene Wasserversorgung aufbauen und Löschunternehmungen durchführen.

Alarmierte Wehren:
FW Krefeld (BF und FF)
Rettungsdienst
Werkfeuerwehr Evonik
Werkfeuerwehr Currenta
Bereitschaft I:
FW Duisburg
Breitschaft II:
FW Mülheim a. d. Ruhr
FW Essen
FW Oberhausen
Bereitschaft III:
FW Tönisvorst
FW Willich
Breitschaft IV:
FW Düsseldorf
FW Meerbusch
FW Mettmann
FW Ratingen
FW Neuss
FW Köln
WF Chempark Leverkusen
Links zum Thema:

Wenn es in NRW großbrennt

In den frühen Abendstunden des 09. Juli brannte in Krefeld in einem Gewerbegebiet ein Holzmarkt in voller Ausdehnung. Solche Großbrände passieren (leider) immer wieder. Hier soll im Anschluss aber nicht über die Häufigkeit eines solchen Ereignisses diskutiert werden, sondern vielmehr das (nach dem Hamburger Brand vom Januar) erneut bemerkenswerte Aufgebot an Mensch und Material, das die Feuerwehr aufbot, um der Lage Herr zu werden.


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En Detail stellte sich folgende Sachlage dar: Als die ersten alarmierten Kräfte am Montagabend kurz nach 20 Uhr am Einsatzort eintrafen, brannte eine ca. 30 x 60 Meter große Halle des Holzfachmarktes Roeren im Gewerbegebiet an der Mevissenstraße in Krefeld-Inrath annähernd im Vollbrand. Die Flammen schlugen, aufgrund des aufgefrischten Windes im Verlauf bis zu 50 Meter in den Abendhimmel, und fachten den Brand der dort gelagerten Holzwerkstoffe immer weiter an, so dass schnell eine Gesamtfläche von 35 x 120 Metern lichterloh in Flammen stand. Dadurch mussten sich die Einsatzkräfte zurückziehen. Da die Einrichtungen auf dem Gelände Holzfachmarktes nahezu komplett ein Raub der Flammen geworden waren, konzentrierte man von nun an die Bemühungen das angrenzende real,- Warenhaus vor dem wütenden Feuer zu schützen. Dazu bauten die Einsätzkräfte eine sog. Riegelstellung auf. U. a. sah man die Brandbekämpfung von Drehleitern und vom Dach des Warenhauses vor.

Gegen 21 Uhr griffen die Flammen jedoch auf den Supermarkt über, konnten aber schnell gelöscht werden. Im weiteren Verlauf stellte sich ein ernstes Problem dar: Bedingt durch den hohen Wasserbedarf, der auf das Brandobjekt abgegeben und für die Riegelstellung benötigt wurde, sackte der Leitungsdruck des Hydrantennetzes derart ab, dass die Feuerwehr gezwungen wurde ihre eigene Wasserförderung aufzubauen. Diese fand mitunter über sehr weite Distanzen statt, um das Löschwasser u. a. aus offenen Gewässern herbeizuführen. Ein Grund, weshalb die Bezirksregierung den sog. „NRW-Alarm“ auslöste.

Dank der Unterstützung durch die herbeigerufene HFS-Wasserförderung (Hytrans-Firesystems) aus Krefeld und Duisburg konnten somit insgesamt bis zu 1,8 Millionen Liter/Stunde (ca. 30.000 L/Min.) auf das Feuer abgegeben werden. Bedingt durch den NRW-Alarm bekam die Feuerwehr Krefeld zunächst Unterstützung von Kräften der ortsansässigen Werkfeuerwehren Thyssen-Krupp Nirosta, Currenta (ehemals Bayer), Evonik und dem Flughafen Mönchengladbach, zahlreicher freiwilligen Wehren aus dem Umkreis, u. a. aus Willich, Tönisforst, Waldeck, Goch, den Berufsfeuerwehren, Duisburg und Düsseldorf.

Um 0:22 Uhr alarmierte die Bezirksregierung per Telefon die Region 2 (Mülheim, Essen und Oberhausen), um die bereits vor Ort im Einsatz befindlichen Einsatzkräfte der Region 1 (Duisburg, Wesel und Kleve) abzulösen. Um 07:00 Uhr setzte sich der MEO-Tross, der sich zuvor auf einem Sammelplatz der BF Essen einfand, bestehend aus insgesamt 23 Fahrzeugen in Richtung Krefeld in Bewegung. Die lange Vorlaufzeit liegt ganz einfach darin begründet, dass bei solchen besonderen Ereignissen feste Mindeststärken vorgesehen sind, die erst einmal aus Kräften der BF und der FF zusammengestellt werden müssen. Zudem wurden hier die Fahrzeuge, tw. mit gesondertem Material zusatzbestückt und ausgerüstet.

Vor Ort kümmerten sie die Kräfte aus MEO (Mülheim, Essen und Oberhausen) vornehmlich um Brände, die in einer südlich angrenzenden KFZ-Halle auf dem ehemaligen Gelände der britischen Armee schwelten, zu lokalisieren, zu bekämpfen und ein Ausbreiten der Feuer zu verhindern. Dazu wurden sie u. a. von Kräften der Feuerwehr Krefeld und Waldeck unterstützt. Gegen 16 Uhr am Dienstag wurde der Einsatzabschnitt schließlich an die Bereitschaft der Region 5 (Wuppertal, Solingen, Remscheid) übergeben.

Das Großfeuer war 26 Stunden nach Ausbruch endlich niedergerungen. Dennoch waren aufgrund der zahllosen Glutnester massive Nachlöscharbeiten erforderlich, die sich bis in den Donnerstag erstreckten.

Das Feuer brach, wie Brandsachverständige herausfanden, durch eine glimmende Zigarette aus. Die Polizei nahm einen 57jährigen Mann fest, der sich nach Zeugenaussagen gegen 17 Uhr in der Gartenausstellung der Holzhandlung aufgehalten, und dort nach eigenen Angaben geraucht haben soll. Der Polizei habe er als Reaktion auf den Brand geäußert: „Hoffentlich nicht durch Kippen“. Gegen ihn wird jetzt wegen der fahrlässigen Brandstiftung ermittelt. Der dabei entstandene Schaden beläuft sich auf etwa 30 Millionen Euro. Insgesamt vier Tage waren etwa 1.500 Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettungsdienst, THW und Polizei an der Mevissenstraße im Einsatz. Aufgrund der schlechten Wasserversorgung brauchte die Feuerwehr ein ganze Weile, ehe sie eine funktionierende Infrastruktur aufbauen konnte, was aber glücklicherweise letztlich, auch Dank der massiven Unterstützung umliegender Feuerwehren, gelang.

Dennoch räumt die Feuerwehr Krefeld im Nachgang einige Fehler ein. Demnach habe sie zunächst die Intensität des Großbrandes derart unterschätzt, so dass es zu der langen Zeitspanne kam, bis endlich die Brandbekämpfung wirkungsvoll einsetzen konnte. Zudem seien die Bordmittel der Feuerwehr Krefeld in der Schlauchleitungsversorgung unzureichend. Grund hierfür war die tw. über sehr lange Distanzen (bis zu 2.500 m) aufgebaute Infrastruktur der Wasserversorgung, und ein nicht funktionierender Hydrant auf dem Betriebsgelände der Holzfirma.

Feuerwehr Krefeld:
DLK 23/12
WLF + AB-Wasserförderung (HFS)
GTLF 8500/750/120
HLF 20/16
HLF 20/16
LF 20/16 TS
LF 20
2 LF 16-TS
3 LF 8/6
2 RTWs
5 MTW
KdoW
KdoW
ELW

Feuerwehr Duisburg:
HLF 20/16
WLF + AB Löschwasser
WLF + AB ELKO
WLF + AB Wasserföderung (HFS)
AB-Kraftstoff
ELW

Feuerwehr Dinslaken:
TLF 24/50

Feuerwehr Düsseldorf:
TLF 24/48-P

Feuerwehr Essen:
LF 24
LF 16-TS
GW-AWL
GW-L
ELW
KdoW

Feuerwehr Moers:
TLF 30/50 L/S

Feuerwehr Mönchengladbach:
TLF 24/50

Feuerwehr Mülheim (27 Mann, 6 Fahrzeuge):
HLF 20/6
LF 16-TS
ELW 2 (zur Koordinierung der Einsatzkräfte aus MEO)
KEF-Log
MTW
KdoW

Feuerwehr Oberhausen:
TLF 16/25
LF 16/12

Feuerwehr Remscheid (31 Mann, 7 Fahrzeuge):
Dekon-P

Feuerwehr Solingen (20 Mann)

Feuerwehr Wesel:
TLF 16/25
TLF 24/50

Feuerwehr Wuppertal

Freiwillige Feuerwehr Goch:
2 LF 16-TS

Freiwillige Feuerwehr Hamminkeln

Freiwillige Feuerwehr Hünxe

Freiwillige Feuerwehr Kamp-Lintfort (2 Mann, 1 Fahrzeug):
TLF 24/50

Freiwillige Feuerwehr Neukirchen-Vluyn (6 Mann, 1 Fahrzeug):
TLF 16/25

Freiwillige Feuerwehr Rheinberg:
TLF 24/50

Freiwillige Feuerwehr Schermeck

Freiwillige Feuerwehr St. Tönis:
DLK 23/12
MTW

Freiwillige Feuerwehr Viersen

Freiwillige Feuerwehr Voerde:
MTF

Freiwillige Feuerwehr Walbeck:
LF 16/12

Freiwillige Feuerwehr Willich:
ELW
2 MTW
2 HLF 20/16
HLF 20/30
WLF + AB Schlauch

Werkfeuerwehr Thyssen-Krupp Nirosta (Werk Krefeld):
ULF
GB
WLF

Werkfeuerwehr Evonik (Werk Krefeld):
Stickstoff-GTLF 40/40-5-250-100

Werkfeuerwehr Currenta Krefeld (ehemals Bayer Uerdingen):
GW-G
SLF 60/60-40
WLF

Flughafenfeuerwehr Mönchengladbach

DRK Krefeld
Im Nachgang noch eine Vielzahl an interessanten Links in Form von Videos oder Bildergalerien:

Die Flammenhölle von Hamburg-Harburg

Vielleicht hat es der ein oder andere aus der Presse mitbekommen, dass bereits zu Anfang des Jahres in Hamburg eine etwa 3.000 qm große Lagehalle im Vollbrand stand. Ein weiterer x beliebiger Großbrand irgendwo in Deutschland? Mitnichten! Der darin gelagerte Naturkautschuk und Heizöl in Tanks ließen den Einsatz förmlich zu einer Materialschlacht der Feuerwehr werden, und verhielt sich in der Kombination mit dem Löschschaum und auslaufendem Heizöl äußerst zäh und klebrig. Im Folgenden lässt ein detaillierter Einsatzbericht das zum Glück nicht alltägliche Ereignis noch einmal ausführlich Revue passieren…

Wie sich ein Großbrand zur Materialschlacht entwickelt

Die Silvesterböller des neuen Jahres sind gerade erst verklungen, da steht am Mittag des 02. Januar im Hamburger Stadtteil Harburg eine etwa 100 x 30 m große Lagerhalle komplett in Flammen. Schon kurze Zeit später sieht sich die Feuerwehr Hamburg mit dem größten und gefährlichsten Löscheinsatz seit dem Großbrand in Schuppen 74A vom 04. April 1985 konfrontiert.

Zum Vergrößern des Lageplans bitte auf die Grafik klicken.

02. Januar 2012 – 14:28 Uhr (FEU)
Harburg, ein industriell geprägter Stadtteil an der Süderelbe gelegen bietet zahlreichen Unternehmen einen Zugang zum Binnenhafen. Der Quartiersmannbetrieb H. D. Cotterell betreibt in dem 3.000 Quadratmeter großen Areal in der Nartenstraße nahe des Hafenbeckens ein Lager für Naturkautschuk und Latex – und das seit Jahrzehnten. Als um 14:30 Uhr der Alarm bei der Feuerwehr aufläuft, ahnen die Wehrmänner noch nicht, was sie in den kommenden 48 Stunden erwarten wird.

02. Januar 2012 – 14:36 Uhr (FEU2)
Ein erster Löschzug (bestehend aus einem Kleinlöschfahrzeug (KLF), 2 Löschfahrzeugen (HLF) und einer Drehleiter) rückt aus. Doch keine zehn Minuten nach Eintreffen der Kräfte löst der Zugführer den zweiten Alarm aus. Dies ruft u. a. den B-Dienst auf den Plan. Doch auch dieser erkennt rasch, dass sich mit den bereits vor Ort anwesenden Mitteln der Vollbrand so schnell nicht unter Kontrolle bringen lässt. Um 15:15 Uhr löst der Einsatzführungsdienst den 3. Alarm aus. Immer mehr Personal und Material treffen an der Einsatzstelle (im Folgenden EST genannt) ein. Eine gute viertel Stunde später, um 15:36 Uhr, löst der mittlerweile an der EST befindliche A-Dienst den 4. Alarm (FEU4) aus. Zwischenzeitig ist der Ort um die Halle in zwei einsatztaktische Bereiche unterteilt worden: Einsatzabschnitt EA Nord und EA Süd.

Aufgrund der vielen Schaulustigen bricht der Verkehr im Umfeld Harburgs zusammen. Die Polizei sperrt das betroffene Areal großräumig ab. In der brennenden Halle sollen sich nach ersten Angaben etwa 2.000 Tonnen Kautschuk, 10.000 Liter Heizöl in vier Tanks, ca. 20 Propangasflaschen und drei gasbetriebene Gabelstapler befinden. Warum die Halle in Flammen aufging kann derzeit noch niemand sagen. Nur soviel ist sicher: es scheinen glücklicherweise keine Personenschäden zu beklagen zu sein.

02. Januar 2012 – 15:55 Uhr (FEU5)
Um der Lage Herr zu werden fordert die Hamburger Wehr bei den Kollegen der Werkfeuerwehr Holborn einen Alco-Großwerfer mit 16.000 L/Min. sowie zwei Tauchpumpen mit je 22.000 L/Min. Fördermenge an. Bedingt durch die Vielzahl der Einsatzfahrzeuge wird zudem ein Bereitstellungsraum an der Feuer- und Rettungswache 31 (Harburg) eingerichtet, von dem nun sukzessive Kräfte zu den Einsatzabschnitten beordert werden können. Auch eine extra angeforderte Teleskopmastbühne der WF Daimler geht hier in Bereitstellung.

Mittlerweile schlagen die Flammen unter starker Rußentwicklung bis zu 80 Meter in den Himmel. Eine tiefschwarze Rauchsäule zieht Richtung Ost-Nordost ab und ist in einem Großteil des Hamburger Stadtgebietes zu sehen. Die Feuersbrunst ist mit rund 1.000 Grad so heiß, dass von den umliegenden Dächern der flüssig gewordene Bitumen heruntertropft. Die Wehrleute konzentrieren ihre Bemühungen nun auf das Kühlen der unmittelbaren Gebäude, zu denen auch eine Tankstelle zählt. Ebenso droht ein neben der brenndenden Lagerhalle stehender Heizöltank zu explodieren. Zudem befindet sich südlich des Brandherdes gelegen eine 110.000 Volt Hochspannungsoberleitung. Derzeit sind Löschzüge u. a. aus den südlichen Stadtteilwachen Harburg, Süderelbe, Wilhelmsburg und Veddel am Ort des Geschehens. Die Wachen selbst sind nahezu leergefegt.

02. Januar 2012 – 16:00 Uhr (FEU6)
Gegen 16:00 Uhr wird durch den Amtsleiter der Feuerwehr als diensthabender Feuerwehrleitungsdienst (FL-Dienst) schließlich der sechste Alarm ausgelöst, mit dem zeitgleich vier zusätzliche freiwillige Feuerwehren (FF) angefordert werden. Diese besetzen tw. die leerstehenden Unterbringungen der Berufsfeuerwehr zur Risikoabdeckung, um den Brandschutz im Stadtgebiet weiterhin sicherstellen zu können.

02. Januar 2012 – 18:13 Uhr (FEU8)
Da der Einsatzleitrechner technisch nur bis zum FEU6 eingerichtet ist, werden bis gegen 18:15 Uhr zwei weitere Drehleitern, die Teleskopmastbühne 54 und 5 weitere Freiwillige Feuerwehren (FF) alarmiert. Die Pressestelle der Hamburger Feuerwehr bezeichnet diesen Einsatz nun offiziell als 8. Alarm! Die Einsatzkommunikation und -dokumentation übernehmen in dieser Zeit mehrere Sonderkomponenten „Fernmelde“ mit Führungs- u. Lageanhänger zur Unterstützung des Befehlswagens (ELW3).

Während der ersten Stunden des Einsatzes führt die Feuerwehr eine massive Brandbekämpfung im Außenangriff mittels 8 Wasserwerfern (WAWE) über Drehleitern (DL) und Teleskopmastfahrzeugen (TMF), 6 WAWE über HLFs, 6 Schaummittel-Rohren, 4 B- und bis zu 12 C-Rohren. Die Löschwasserversorgung wird aus offenen Gewässern und tw. über weite Strecken durch mehrere Schlauchwagen der FF und der neuen LF-KATS sichergestellt. Zwischendurch breitet sich der Brandherd kurzfristig auf ein angrenzendes Dach einer benachbarten Lagerhalle aus, was die Abtragung von etwa 40 Quadratmetern Dachhaut durch mehrere Pressluftatmer-Trupps von Nöten macht. Zudem wird die Brandbekämpfung auf dem Dach mit zwei weiteren C-Rohren vorgetragen.

02. Januar 2012 – 19:37 Uhr
Gegen Abend ist die Einsatzstelle durch den hellen Feuerschein noch immer weithin sichbar. Die höllische Hitze macht einen Innenangriff noch immer unmöglich. Mittlerweile erhellen 2 Lichtmasten des technischen Zuges der FF Eppendorf (die etwa 20 km von der EST entfernt liegt) mit je 7.000 Watt, sowie zweier 4.000 W Flächenbeleuchtungssystemen und diverse Stativleuchten mit je 1.000 Watt jeweils die EA Nord und die EA Süd. Auch die an den HLF angebrachten Flutlichtmasten spenden zusätzliche Helligkeit. Zwei extra hierfür angeforderte Löschboote ankern vor dem Anleger an der Treidelgasse, um entsprechend viel Wasser zur Verfügung zu stellen. Noch immer brennt das Feuer und noch immer pumpt die Feuerwehr zehntausende Liter Wasser und Schaum pro Minute in die Flammen.

Die drei im Einsatz befindlichen Abrollbehälter Atemschutz verkehren seit Stunden mehrfach im Pendelverkehr zwecks Pressluftatmer (PA)-Neubestückung zwischen dem Technikzentrum (F32) und der EST. Ebenso werden die Bestände der drei Abrollbehälter Schaum und Schaumtank mehrfach bei einem Unternehmen neu befüllt. Insgesamt sind am Ende bis zu 40.000 L Schaumbildner auf das Brandobjekt aufgebracht und 200 Pressluftatmer (PAs) verbraucht.

03. Januar 2012 – 00:50 Uhr
Zwei Radlader des THW der Fachgruppe Räumen des Ortsverbandes Hamburg helfen der Feuerwehr nun durch die Nacht hinweg, um an versteckt liegende Brandnester im Inneren der ehemailgen Lagerhalle zu gelangen, und um einsturzgefährdete Gebäudeteile einzureißen, um so Schaden an Personal und umliegenden Gebäuden abzuwenden. Im Verlauf der Nacht bieten sich den Ablösungen der erschöpften Kräfte mitunter gespenstische Bilder: verwahrwahrloste Einsatzstellenabschnitte mit zurückgelassenen Fahrzeugen.

03. Januar 2012 – 02:49 Uhr
Durch den massiven Einsatz von Wasser, Löschschaum und den durch die Hitze verflüssigten Kautschuk werden im Verlauf ca. 150 Sätze Einsatzkleidung derart unbrauchbar, so dass eine Not-Kleiderkammer in einem Schnelleinsatzzelt des Gerätewagen Rettungsdienstes eingerichtet werden muss. Das kontaminierte Löschwasser wird indes mittels Lenzpumpen des THW von der Straße abgepumpt. Ein Teil aber gelangt dennoch in das angrenzende Hafenbecken.

03. Januar 2012 – 08:42 Uhr
In den frühen Morgenstunden des 03. Januars bietet die EST ein fürchterliches Bild. Die Lagerhalle ist mittlerweile großflächig eingestürzt und musste noch in der Nacht aufgegeben werden. Der massive Einsatz der Löschmittel der vergangenen Stunden zeigt Wirkung: das Feuer ist niedergerungen. Nun verschleichert beißender, hellgrauer Rauch die EST.

Das Areal um den Brandherd ist großflächig verrußt und mit Öl und Kautschuk verschmutzter Löschschaum verklebt etliche Löschfahrzeuge, die tw. vor Ort mit Hochdruckstrahlern dekontaminiert werden. 20 Fahrzeuge müssen aber anschließend von einer Spezialfirma aufwändig gereinigt werden. Zudem sind etliche Schläuche soweit in Mitleidenschaft gezogen, so dass sie nicht mehr verwendet werden können und entsorgt werden müssen. Auch einige Fahrzeuge erleiden Schäden: So fällt bedingt durch die Hitze bei zwei Drehleitern die Elektronik aus, eine Windschutzscheibe an einem HLF birst. Alleine der Schaden am Material der Feuerwehr geht in die Hunderttausende Euro. Zu allem Überfluss wird während des Einsatzes ein Feuerwehrmann der FF leicht verletzt. Er kann das Krankenhaus glücklicherweise schon bald wieder verlassen.

04. Januar 2012 – 11:42 Uhr (Feuer aus)
Intesive Nachlösch- und Aufräumarbeiten, sowie eine umfangreiche Brandwache dauern noch bis in den Vormittag des zweiten Folgetages. Das letzte HLF rückt schließlich am 04. Januar um 11:47 Uhr ein.

05. Januar 2012 und folgende
Abschließend wird die Brandursache wohl nicht endgültig zu klären sein, da das Feuer zu lange mit einer unglaublichen Hitze wütete, so eine Sprecherin der Hamburger Polizei. Die Hinweise verdichten sich aber hinsichtlich eines technischen Defektes. Der Schaden an der Lagerhalle und dem Lagergut geht indes in die Millionen. Der Pressesprecher der Hamburger Feuerwehr gibt bekannt, hätte die Feuerwehr nicht nicht umliegenden Gebäude massiv mit Wasser gekühlt, wäre vermutlich der komplette Gewerbekomplex ein Raub der Flammen geworden. Die Reinigungsarbeiten an den umliegenden Straßen- und Gebäudeteilen nehmen noch bis zu vierzehn Tage nach dem Brand in Anspruch.

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Im Anschluss folgt eine detaillierte und beeindruckende Auflistung dessen, was die Hamburger Feuerwehr an Mensch und Material eingesetzt hat und mitunter bis an ihre Belastungsgrenze brachte:

• bis zu 300 Feuerwehrleute in Spitzenzeiten
• 8 alarmierte Wachen der BF
• 31 alarmierte Wachen der FF

Eingesetzte Kräfte der Berufs-, Freiwilligen und Werkfeuerwehren:

• 12 HLF davon 6 im Außenangriff mit WAWE
• 5 Drehleitern im Außenangriff mit WAWE
• 4 Teleskopfmastfahrzeuge, davon 3 im Außenangriff mit WAWE
• 1 SMF (Schaummittelfahrzeug)
• 1 TMF 54 im Außenangriff mit WAWE
• 2 Löschboote im Lenzeinsatz
• 2 KLF
• 8 WLF + diverse Abrollbehälter
• 1 TMF 32 (WF Daimler)
• 1 WLF + AB Schlauch 1 & 2 (WF Holborn)
• TroLF (WF Holborn)
• 1 WAWE 16.000 L/Min. (WF Holborn)
• 6 Schaummittelrohre
• 4 B-Rohre im Außenangriff
• 12 C-Rohre im Außenangriff
• 3 AB Atemschutz (je 2x eingesetzt)
• 3 AB Schaum mit 5.000 L (je 2x eingesetzt)
• div. Tauchpumpen
• div. Schlauchmaterial
• div. wasserführende Armaturen
• ca. 200 Pressluftatmer
• ca. 60 Filter

• Fachbereich 03, Technikkomponente Atemschutz
• Fachbereich 03, Technikkomponente Drehleiterwerkstatt

• ca. 25 Millionen Liter verbrauchtes Löschwasser sorgten für ein temporäres Absinken des Wasserstandes im Hamburger Verkehrshafen um ca. 20 cm

• 40.000 L Schaummittel

Schäden am eingesetzten Personal und Material:

• 1 leichter verletzter Feuerwehrmann
• Elektronikausfall an zwei Teleskopmastfahrzeugen und einer DL (DL31)
• eine gesprungene Windschutzschutzscheibe an einem HLF infolge der Hitzeeinwirkung
• 47 Fahrzeuge müssen mit Dampfstrahlern aufwändig gereinigt werden
• 2 Löschfahrzeuge erhalten eine komplette Neubeklebung
• 150 Sätze Einsatzbekleidung unbrauchbar
• mehrere tausend Meter Schläuche verklebt und unbrauchbar

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